Wir wünschen den Schüler*innen der K2 und ihren begleitenden Kolleg*innen in der kommenden Woche beeindruckende Erlebnisse auf den Studienfahrten! Der folgende Bericht zur Geographie-Exkursion dieser Jahrgangsstufe im vergangenen Juli nimmt seine Leser*innen mit auf die Reise…
„Wenn einer eine Reise tut…“
„… so kann er was erzählen!“ – Die Große Exkursion der KOOP-Leistungskurse Geographie des Carlo (CSG, UG, WG) und der Hans-Küng-Gemeinschaftsschule Tübingen (HKG, KG) vom 10.07.22 bis 17.07.22
Zwei Leistungskurse, vier Lehrkräfte, ein Ziel: eine lehrreiche und gleichzeitig spannende Exkursion gemeinsam erleben.
Exkursion? Studienfahrt? Ist doch gar nicht so schwer, könnte man denken, das macht man doch nicht zum ersten Mal. Doch wie sich noch herausstellte, gab es einige Herausforderungen, die es zu meistern galt. Gerade die Unterkunftsplanung für eine Exkursion im Juli 2022, die bereits im August 2021 in Angriff genommen wurde, war schwerer als gedacht, da viele Unterkünfte bereits voll waren oder aber aufgrund von schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit keine Jugendgruppen mehr annehmen wollten. Doch dank des großen Engagements von Frau Locher und Frau Wachter mussten wir die kalten und vor allem windigen Nächte im Norden doch nicht auf der Straße oder unter einer Brücke verbringen.
Am Sonntag, dem 10.07.22 ging es mit dem Bus inklusive einem Busfahrer, der sich als verkannter Reiseguide entpuppte und durch sein Mikrofon quasi alle Städte und jegliche Sehenswürdigkeiten bis aufs kleinste Detail genauestens erläutern konnte und dies auch mit viel Euphorie tat, nach Hamburg, dem ersten Stopp der Studienfahrt.
Den ersten Abend durften nach der langen und anstrengenden Fahrt in den Norden alle frei verbringen. Viele nutzten das und erkundeten erstmal Hamburg, die bedeutende Hanse- und Hafenstadt, welche über die Elbe mit der Nordsee verbunden ist.
Am nächsten Morgen beim Frühstück blickte man gehäuft in müde Augen und weit geöffnete Münder. Aber spätestens beim ersten Programmpunkt wurden alle wieder richtig wach. Aufmerksam wurde einer Stadtführung zum Thema Globalisierung gelauscht und viele Fragen gestellt. Die Vorfreude auf die Hafenrundfahrt, bei der man sich so richtig den Wind um die Nase blasen lassen konnte, war nach der Führung entsprechend groß.
Vor allem die Speicherstadt stieß auf große Begeisterung. Nach dem ersten vollen Tag und vielen neu gewonnenen Eindrücken gingen alle müde zu Bett.
Am Dienstag (12.07.22) stand das bekannte Deutsche Klimarechenzentrum auf dem Programm. Das Klimarechenzentrum ist eine zentrale Institution für die deutsche Klima- und Erdsystemforschung.
Da Klima und Klimawandel zwei Schwerpunktthemen des Geographie- Leistungskurses sind, war das Interesse groß. Trotzdem rauchten einigen nach der Einführung in das Thema Klimaforschung die Köpfe, doch im anschließenden Gespräch mit dem Referenten konnten noch einige Fragen geklärt werden.
Anschließend ging es endlich zum „Praktischen“ über. Die Höchstleistungsrechner, welche von großer Bedeutung für die Klimaforschung sind, da sie wichtige Berechnungen durchführen und riesige Datenmengen speichern, konnten wir nun endlich bestaunen und sogar anfassen.
Nach kurzer Pause fuhren wir nach Bremen, wo schon der nächste Programmpunkt auf uns wartete. Im MARUM, dem Zentrum für marine Umweltwissenschaften, liegt der Fokus der wissenschaftlichen Arbeit auf der Meeresforschung, dem globalen Wandel und der Nachhaltigkeit. Angeboten wurde eine wirklich interessante Führung durch die Räumlichkeiten des Instituts, zum Beispiel ins Bohrkernlager mit Kernen aus dem Atlantik, dem Mittelmeer, der Ostsee, etc. Auch neue Technologien wie z. B. ein Meeresbodenbohrgerät durften wir in natura bestaunen. Es wurde aber natürlich nicht nur angeschaut, sondern auch selbst Hand angelegt. Aus Kernproben konnten wir Gehäuse kleiner Muscheln und Krebse heraussieben und sie anschließend unter dem Mikroskop genauer betrachten.
Gegen Abend fuhr uns der Bus weiter nach Cuxhaven – zu unserem zweiten Stopp der Studienfahrt. Am Mittwoch (13.07.) konnte in Cuxhaven die Geest bei einer Führung besichtigt werden. Auf dem Weg dorthin wurden uns verschiedenste Tiere und Pflanzen gezeigt, die hier vorkommen. Eine davon ist die sogenannte Kartoffelrose (sie riecht tatsächlich ein bisschen nach Kartoffeln), welche man hier besonders am Geestkliff findet. Ursprünglich kommt sie aus Ostasien, ist also ein Neophyt und hat sich hier stark verbreitet. Anfangs wurde sie gezielt eingepflanzt, um mit ihren dichten Wurzeln den Boden gegen Erosion durch Wasser sowie Wind zu schützen. Mittlerweile muss ihre Verbreitung jedoch eingeschränkt werden, da sie heimische Arten verdrängt.
Die Geestlandschaft besteht aus dem Geschiebematerial von Grundmoränen, die sich unter den Gletschern der letzten Eiszeit befanden. Die Geestböden haben einen hohen Sandgehalt und sind daher für den Ackerbau eher ungünstig. Doch nur noch selten gibt es – so wie hier in Cuxhaven – einen natürlichen Übergang von der Geest über die Marsch hinaus ins Watt, denn sonst liegt mittlerweile fast überall ein menschengemachter Deich dazwischen. In Cuxhaven schützt das Geestkliff das Land vor gefährlichen Sturmfluten – eine echte Besonderheit.
Nach diesem horizonterweiternden Ausflug in die eiszeitliche Entstehungsgeschichte des Gestkliffs und seine heutige Vegetation hatten wir nun die Möglichkeit, in der Mittagspause den echten Horizont vom Strand aus zu betrachten oder aber man besichtigte die schöne Strandpromenade Cuxhavens mit ihren vielen kleinen Fischrestaurants. Anschließend ging es erneut in den Nationalpark Wattenmeer. Mit zwei FSJlern sollte es gemeinsam bei Ebbe ins Watt gehen.
Die Stimmung war ausgesprochen gut, denn nicht jeder von uns hatte schon einmal das Watt barfuß unter den Füßen spüren können. Paul, dem bisher als Rollstuhlfahrer der Weg durchs Watt gänzlich versperrt geblieben war, war besonders gespannt. Doch auch dieser eine von vielen besonderen Momenten sollte keinem entgehen – auch Paul nicht. Die Lösung: ein sogenanntes Wattmobil, auf dem Paul gemütlich sitzen und von seinen Mitschüler*innen durchs Watt geschoben werden konnte. So stand der zweistündigen Exkursion in das Weltnaturerbe Wattenmeer also nichts mehr im Wege. Aber Vorsicht: Das Wattenmeer ist als Nationalpark ausgewiesen, um es dauerhaft zu bewahren und zu schützen. Wie wir gelernt haben, bietet das Wattenmeer für viele Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause. Ca. 10.000 Arten von einzelligen Organismen, Pilzen, Pflanzen und Tieren wie Würmer, Fische, Vögel und Säugetiere leben hier. Gerade für die Vogelwelt ist das Watt bedeutend, da es Nahrung für jährlich über 10 Millionen Watt- und Wasservögel bietet, vor allem aber für Zugvögel, die hier Rast machen. Was wir hauptsächlich zu Gesicht bekamen, als wir mit einem Spaten Watt aushoben, waren Wattwürmer, deren Spaghetti-Häufchen man schon sieht, bevor man auch nur einen Fuß ins Watt gesetzt hat.
Wattwürmer fressen den Sand, in dem bestimmte Nährstoffe sowie auch mikroskopisch kleine Kieselalgen enthalten sind, und scheiden den unverdaulichen und gereinigten Sand wieder aus. So entstehen die typischen Häufchen, die bestimmt jeder von uns kennt. Außerdem bewundern konnten wir einige Strandkrabben, Strandschnecken sowie Herz- und Sandklaffmuscheln, welche sich im Wattboden eingraben, um sich zu schützen. Jedoch können sie durch sogenannte Siphone (eine Art streckbarer Rüssel) das Wasser erreichen. Was wahrscheinlich kaum jemand von uns kannte, ich mit einbezogen, war das Wattknistern, welches durch die ständige Bewegung der vielen kleinen Tiere verursacht wird, die im Wattboden leben. Auf dem Wattboden zerplatzen ständig kleine Bläschen. Diese Bläschen werden von vielen Millionen Lebewesen erzeugt, die im Watt leben. Am Ende der Wattwanderung konnte, wer wollte, noch im etwas tieferen Schlick seine Klamotten beschmutzen. Ganz nach dem Motto: einmal einsauen.
Am 14.07. (Donnerstag) brachen wir pünktlich um 9 Uhr zum Tagesausflug nach Bremerhaven auf, um zunächst das bekannte Klimahaus zu besuchen, eine wahnsinnig einzigartige Ausstellung mit der Möglichkeit, sich im Bereich Klima, Klimawandel sowie seinen Ursachen und Folgen weiterzubilden und mal über den eigenen Tellerrand zu schauen. Im Klimahaus durchquerten wir binnen zweieinhalb Stunden (meines Erachtens viel zu wenig!) fünf Kontinente und neun verschiedene Orte entlang 8° Ost, dem Längengrad, auf dem auch Bremerhaven liegt. So war es uns möglich, die verschiedenen Klimazonen der Erde hautnah, fast wie in Wirklichkeit, zu erleben. Wenn ich „hautnah erleben“ schreibe, dann meine ich, dass man über Brücken geht, um ans andere Ufer zu gelangen, dass man durch Räume geht, die so kalt sind, dass darin ein Iglu stehen kann, dass man zwischen riesigen Aquarien den Weg finden muss, dass man unter einem gigantischen glitzernden Sternenhimmel steht. Wie man vielleicht merkt, war ich genauso wie meine Mitschülerinnen und Mitschüler sehr positiv überrascht und beeindruckt davon, was man im Klimahaus alles entdecken konnte und welch einprägsame Geschichten erzählt wurden.
Abends ging es ein letztes Mal in Cuxhaven in die Betten, denn am nächsten Tag hatten wir nochmals eine ziemlich lange Strecke vor uns. Es sollte nach Sylt gehen – für mehrere von uns ein bereits besuchter Urlaubsort.
Auch ich selbst stellte ungläubig fest, dass ich genau in dieser Jugendherberge als kleines Kind schon einmal war.
Was bei unserer Ankunft noch keiner ahnte – noch am selben Tag sollten sich mehrere Schüler*innen mit dem Corona-Virus infizieren… Kurz nach der Ankunft auf Sylt testeten sich nämlich mehrere positiv – der Abend war somit gelaufen, die Stimmung entsprechend schlecht. Natürlich mussten sich alle erst einmal testen. Wer positiv war, musste von seinen Eltern abgeholt werden, ziemlich ungeschickt, denn Sylt liegt ja nun wirklich nicht um die Ecke. Für alle negativ Getesteten (inklusive Lehrkräfte) konnte es am Samstag, dem letzten richtigen Exkursionstag, weitergehen – zum Glück auch für mich.
Mit Lena, einer Geographin, wanderten wir zum Lister Hafen und bekamen dort und auch schon unterwegs viele neue Infos zum Thema Küstenschutz zu hören und auch zu sehen. Jeder kennt wahrscheinlich Wellenbrecher oder Deichbau als Küstenschutzmaßnahmen, aber es gibt noch viele weitere. Unterschieden wird zwischen harten und weichen Maßnahmen. Der Deichbau stellt einen großen Eingriff in die Natur dar und gilt deshalb als harte Maßnahme, als „weich“ wird die Sandvorspülung bezeichnet (angesichts des damit verbundenen Eingriffs in das marine Ökosystem vielleicht zu hinterfragen…). Nach der Mittagspause konnte man im „Erlebniszentrum Naturgewalten Sylt“ viel Wissenswertes zum Thema Küsten, Naturgewalten, Küstenformen sowie zu Sturmfluten lernen oder bereits Gelerntes auffrischen. Auch das 360° Kino ließen wir uns nicht entgehen. Wie in einem Planetarium erlebt man die faszinierenden Naturaufnahmen nochmal ganz neu.
Abends zurück in der Jugendherberge war aufgrund der Coronaerkrankten leider kein gemeinsamer Abschluss drin – dafür aber Freizeit, in der es viele noch mal an den schönen Strand hinter den Dünen zog. Und so ging der letzte Abend unserer Studienfahrt zu Ende.
Den nächsten Tag (Sonntag, 17.07.) verbrachten wir mit der langen Rückreise nach Tübingen, erschöpft von den vielen Tagen Programm, glücklich über die schönen erlebnisreichen 8 Tage und mit ein paar Leuten weniger im Gepäck als bei der Hinreise. Aber selbst das funktionierte noch einmal super!
Anfangs hatte der eine oder andere mit Sicherheit Zweifel, ob es gut geht, wenn zwei sich fremde Leistungskurse miteinander reisen und ob die Verständigung zwischen den Kursen funktioniert, aber es stellte sich heraus, dass Herausforderungen wie die Coronainfektionen gemeinsam gut gemeistert werden konnten dank unserer tollen Lehrkräfte Frau Locher und Frau Wachter, die alles so toll organisiert und geplant haben, sowie den begleitenden Lehrkräften Frau Sauer und Herr Herold. Ein riesiges Dankeschön an dieser Stelle!
In meinen Augen war auf dieser Studienfahrt wirklich für jeden etwas dabei und jede*r von uns Schüler*innen und hoffentlich auch Lehrkräften konnte viel Input mitnehmen. Vor allem natürlich zum Thema Geographie.
Jeder könnte sicherlich von vielen verschiedenen schönen Momenten, die gemeinsam erlebt wurden, berichten und jeder hat seine persönlichen Highlights, seien es die besonders vielseitigen Landschaften des Nordens oder die vielseitigen Programmpunkte. Doch eine Sache verbindet uns alle: Nach dieser Studienfahrt sind wir als Gruppe zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen, haben uns besser kennengelernt, uns ausgetauscht.
Ist das nicht auch ein wichtiges Ziel von Studienfahrten? Falls ja: Ziel erreicht!
Selbst der Busfahrer meinte, wir seien in seinen vielen Jahren als Busfahrer unter den Top Five der angenehmsten Jugendgruppen gewesen, die er je durch die Gegend kutschiert hatte (kein Scherz!).
Für die gesamte Exkursionsgruppe: Kathrin Kohler, Wildermuth-Gymnasium Tübingen